In Teil 1 des Beitrags gab es bereites Tipps, Fotos zu entschlüsseln und zeitlich einzuordnen. Darunter ist auch der Hinweis, auf die Mode der Personen zu achten. Doch woher weiß ich, wer sich wann wie gekleidet hat?

Mir helfen dabei immer verschiedene Bücher, die ich hier vorstellen möchte. Im Internet finden sich ebenfalls viele Fotos zu den einzelnen Zeitepochen, aber ich arbeite oft lieber mit Büchern, die ich zum Vergleichen neben die Fotos legen und darin auch schnell mal hin und her blättern kann. Gerade wenn man so gar keine Idee hat, sind sie zum Einstieg sehr nützlich.

Leider sind nicht mehr alle Bücher im Buchhandel erhältlich. Es lohnt sich jedoch, sich bei Online-Antiquariaten wie ZVAB oder Medimops auf die Suche danach zu machen.

 Tipp 1: «Geschichte des Kostüms. Die europäische Mode von den Anfängen bis zur Gegenwart»

Ein Standardwerk zur Geschichte des Kostüms von den Anfängen bis zur Gegenwart. In dieser Kostümgeschichte wird die Entwicklung der europäischen Damen- und Herren-Mode von den Anfängen in der Steinzeit bis zur Gegenwart dargestellt. Das Buch ist reich bebildert, neben Fotos sind zahlreiche Modezeichnungen und Beispiele aus der Malerei enthalten. Im Textteil wird die Entwicklung der Modestile in den zeitgeschichtlichen Kontext gestellt. So wurde der Pullover für Frauen just in dem Moment als pflegeleichtes und bequemes Kleidungsstück modern, als immer mehr Frauen berufstätig wurden – in der Zeit um den Ersten Weltkrieg.

Thiel, Erika (2010): Geschichte des Kostüms. Die europäische Mode von den Anfängen bis zur Gegenwart. Berlin: Hensche.

 

Tipp 2: «Kostüm und Mode – das Bildhandbuch. Von den frühen Hochkulturen bis zur Gegenwart» von John Peacock

Mit weit über tausend farbigen Abbildungen bietet dieses Bildhandbuch einen Überblick über die Damen- und Herrenmode des Abendlandes – von der Kleidung Altägyptens bis zu den 80ger Jahren des 20. Jahrhunderts. Wie im Buchttitel beschrieben zeigt dieses Buch ausschliesslich Bilder, genaue gesagt Zeichnungen von Menschen in der Mode ihrer Zeit. Für das 19. und 20. Jahrhundert, in denen sich die Mode zunehmend schneller wandelte, ist allen vier bis fünf Jahren eine eigene Seite gewidmet. In den Bilderklärungen wird die Mode kurz beschrieben – so lernt der Leser auch gleich Fachausdrücke wie «Hammelkeulenärmel» oder «Kummerbund». Im Glossar findet sich zudem eine breite Übersicht an Hüten, Haarschmuck, Handschuhen und andern Accessoires.

Peacock, John (1991): Kostüm und Mode – das Bildhandbuch. Von den frühen Hochkulturen bis zur Gegenwart. Bern: Haupt.

 

Tipp 3. «Die Mode des 20. Jahrhunderts. Das Bildhandbuch» von John Peacock

Ähnlich aufgebaut wie Tipp 2 «Kostüm und Mode – das Bildhandbuch. Von den frühen Hochkulturen bis zur Gegenwart» vermittelt John Peacock anhand von über tausend farbigen Illustrationen einen Überblick über die Mode des 20. Jahrhunderts – allerdings nur für die Damen. Von der «Haute Couture» über Abendkleider, Tages- und Sportbekleidung bis zur Wäsche, Brautmode und Accessoires kann man kleinschrittig die Entwicklung der Mode von 1900 bis 1990 verfolgen. Nützlich am Ende des Buches ist eine kompakte Übersicht der Silhouetten, Ausschnitte, Ärmelformen, Rocklängen etc. mit der sich Familienfotos gut entschlüsseln lassen.

Peacock, John (1993): Die Mode des 20. Jahrhunderts. Das Bildhandbuch. Bern: Haupt.

 

Tipp 4: «Bildbestimmung. Zur Datierung und Identifizierung von Fotografien der Jahre 1839 bis 1945» von Timm Starl

Anhaltspunkte für die Entschlüsselung eines unbeschrifteten Fotos finden sich nicht nur im Bild sondern auch in Form und Ausgestaltung des Bildträgers. Der Autor gibt hier detailliert Auskunft. So zum Beispiel über Bildträger (Papier, Glas, Metall…) oder Verfahren wie die Daguerrotypie. Auch das Format des Papierabzugs gibt Hinweise auf die Entstehungszeit. Die Gestaltung der Fotorückseiten durch das Fotoatelier hilft ebenfalls bei der zeitlichen Einordnung. Während bei frühen Abzügen der 1860er Jahre oft nur Name und Adresse des Ateliers abgebildet ist, werden die Rückseiten immer aufwändiger bedruckt. Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhundert wurden mit sie Blumenranken und Frauendarstellungen fast zu eigenen Kunstwerken. Sehr aufschlussreich ist Starls Kapitel über die Motivwahl. In den ersten Porträtaufnahmen der 1840ger und 1850er Jahre dominierte das Brustbild und das Dreiviertelporträt in sitzender Position. Aufnahmen der ganzen Person gab es erst ab etwa 1860. Die Haltung der Fotografierten war oft sehr steif. Ab den 1880er Jahren kamen zunehmend Accessoires ins Spiel – die Modelle hatten zum Beispiel ein Buch in den Händen oder vor sich auf einem Tisch.

Familienbildnisse waren nach hierarchischen Gesichtspunkten organisiert: Der Mann dominierte und die Frau richtete sich nach ihm aus. Körperlicher Kontakt wie Händehalten oder einander zugeneigte Köpfe zwischen Paaren oder Eltern und Kindern wurde erst Ende ab des 19. Jahrhunderts auf Fotografien gezeigt.

Timm Starl (2009): Bildbestimmung. Zur Datierung und Identifizierung von Fotografien der Jahre 1839 bis 1945. Marburg: Jonas-Verlag